21 november 2019
- Logboek

Andreas: Die Watschn von Finisterre

So schön war die Abfahrt aus Dieppe, dem freundlichen Hafen in der Normandie, mit einem grossen Schwimmbad mit Sauna, das der ganzen Crew die Möglichkeit gab, uns die Kälte der letzten Tage aus den Knochen zu treiben. Nach einem eiskalten Morgen kam der Schlepper und zog uns aus dem hintersten Hafengebiet raus auf See, wo die Sonne schien und ein leichter SO Wind nach allen Segeln rief. Zusammen mit einer Riesenflotte kleiner Fischerboote, die auf Jagd nach den Saint Jaques Muscheln gingen, verließen wir die französische Küste gen Norden, den Bauch sowie den Laderaum voll mit Spezialitäten aus der Loire und anderen Gegenden.
Am Abend schon waren wir bei England und kam der angesagte Nordwind um die Ecke. Erst noch zart und mitfühlend mit unseren 12 Seekranken, die gerade wieder von unserer portugiesisch beeinflussten Küche genießen konnten, dann aber sowie wir ihn brauchen um über die Biskaya zu kommen, mit Stärke 7 bis 8. Bis zu 15 Knoten weisst das Log auf bei Quessant, dann können wir endlich leicht abdrehen und die Rahsegel den achterlichen Wind sowie die Dünung voll nutzen. Jaja, alle wieder seekrank…aber die hartnäckigsten beißen sich durch und nach dem 3ten Mal ausschlucken wirds ihnen zu deppert und der erschöpfte Leib wird mit Ingwertee und Butterbrot zur Vernunft gezwungen, dann gehts auf einmal wieder!

Fast hätten wirs in einem Zug geschafft aber 100 Meilen voor dem Ziel hatte der Atlantik noch eine paar Überraschungen bereit: die ersten Delfine und Pilotwale, superschön! In einer hohen Welle schwammen sie fast auf Augenhöhe direkt neben dem Schiff! In der Nacht dann ein Nachtregenbogen! Auch ein wunderbarer Anblick, belichtet durch den fast vollen Mond…und dann noch ein Tag Windstille mit Sonnenschein und 4 Meter Dünung, da wackelt es so richtig!

In diesem Moment, halb 6 in der Früh, kassieren wir die Watschn. Ich schreib gerade mit ca. 30 Grad Schräglage derweil unser Steuermann Paul das Schiff mit 8 Knoten hart am Wind gegen die Atlantikwellen anpeitscht. Dynamic aging nennen sie das was wir tun. Kann man wohl sagen. Triffft wahrscheinlich auch auf die Seeleute zu Hab ich erst jetzt in Frankreich gehört, klingt aber gut. An Marketing denkt man nicht soviel auf See, vor allem nicht wenn man in Kürze Staerke 8 aus NW erwartet. Wo über wird er drehen, Süd oder Nord? Kommt Gewitter mit? Wurscht, um Finisterre müssma herum und nach Galizien rein, wo unsere Madeira- und Portweinfässer warten aufs Schiff, sowie Paella und spanischer Wein auf uns!

Guten Morgen!

Andreas

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